Aberglaube im Theater
Katzen im Theater:
In unserer Firma gibt es, wie in vielen Theatern seit Jahren Katzen. Seit dem Sommer 2020 gibt es sogar zwei tief-schwarze Kater. Fritz und Theo. Und das ist gut so. Ein sehr schöner Aberglaube besagt nämlich, dass diese Tiere im Showbusiness Glücksbringer erster Güte sind. Das mag im alltäglichen Leben auf der Straße anders sein, soll hier aber nicht beachtet werden. Selbst die alten Ägypter schätzten Katzen über alle Maße. In Ägypten, wie in Theatern haben sie immer schon Mäuse gefangen, die sich gerne mal in Lagern und dem Kostümfundus herumtrieben. Es kann beobachtet werden, dass Schauspieler diese heiligen Katzen im besonderen Maße mögen. Nur wenige Darsteller sind Hundeliebhaber. Ist ja klar, kein Lebewesen lässt sich so wenig dressieren und ist so frei und unbestechlich mit festem eigenen Willen wie eben eine Katze. Die Kunst steht doch genau für diese Attribute, lässt sich möglichst nichts vorschreiben und diktieren.
Da muss man also schon mal damit klar kommen, dass eine Katze über die Bühne läuft oder durch die Werkstätten stromert.
Der geschlossene Hauptvorhang:
Dieser bleibt so lange geschlossen, bis der Bühnenmeister (oder auch Beleuchtungsmeister) diesen frei gibt. Auf keinen Fall darf man bis dahin durch diesen durch schauen! Das bringt Unglück.
Stellen Sie sich mal vor, Sie erblicken Ihren schlimmsten Kritiker oder gar einen Familienangehörigen dort in den ersten Reihen. Die aufkommende Nervosität (um nicht zu sagen PANIK) kann schon mal dazu führen, das Sie Ihren Text vergessen und die Vorstellung ruinieren. Zum Glück gibt es heute Video-Überwachungssyteme, die ein wirklich gutes Bild vom Zuschauerraum zeigen.
Es wird zudem als ungewöhnlich böses Zeichen eingestuft, wenn sich der/die erste Zuschauer’in der/die den Saal betritt, sich in die erste Reihe setzt. Wenn das auch noch (Vorsicht „Gender-Problem“) eine rothaarige oder ältere Frau (oder schlimmstenfalls beides) ist, dann sollte man diese Vorstellung besser absagen. Aber mal ehrlich, wie können Sie sicher sein, dass die nette rothaarige und ältere Dame in der ersten Reihe nicht einfach nur gefärbte Haare hat?
Viel Glück vs. Toi Toi Toi
Die Vorstellung, das Konzert, die Aufführung beginnt in Kürze. Nervosität, Lampenfieber und Hektik machen sich breit. Wie schön, wenn es da diese Kollegen und Freunde gibt, die dem/der Darsteller’in alles Gute und eben auch Glück wünschen wollen. Leider wird es jetzt kompliziert:
Auf keinen Fall sagt man viel Glück. Man wünscht sich Toi Toi Toi, (alternativ noch ein gut gemeintes „Hals- und Beinbruch“) und spuckt sich dabei drei Mal über die linke (!) Schulter. Achtung LINKS. Wahlweise darf man auch nur so tun, als würde man spucken und das durch entsprechende Laute phonetisch zum Ausdruck bringen. Drei mal auf Holz klopfen ist auch zulässig.
Als Antwortender haben Sie nun die Möglichkeit alle erdenklichen bösen Geister hervorzurufen indem Sie „Danke“ sagen. Bitte tun Sie das nicht, sondern erwidern Sie mit „Wird schon schief gehen“ oder halt auch mit Toi Toi Toi.
- Warum ist es so kompliziert und was steckt dahinter?
Die Redewendung Toi Toi Toi ist so etwas wie ein Gegenzauber gegen „neidische“ böse Theatergeister. Die Bedeutung soll so etwas wie „Teufel Teufel Teufel“ bedeutet, es soll eine Verballhornung sein. Auffallend ist die phonetischen Ähnlichkeit zum altdeutschen Wort für “Teufel“.
- In Frankreich geht es hingegen noch schlimmer zur Sache.
Dort sagt man laut und vernehmlich „Merde!“, was tatsächlich ein übler Fluch ist und „Scheiße“ bedeutet. In Italien wünscht man ein freundliches „in bocca al lupo“ (ins Maul des Wolfes), im englischen Sprachraum wünscht man sich freundlich „Break a Leg“ (mehr dazu lesen Sie weiter unten).
Nachlesbar ist ebenfalls die Herkunft aus dem Jiddischen „tov“ (wie „masel tov“) und bedeutet „viel/gut”, abgeleitet vom Hebräischen טוב. Die korrekte Antworten darauf „Hals- und Beinbruch“ kann ebenfalls vom Jiddischen „hasloche un’ broche“ (Glück und Segen) hergeleitet werden. Im modernen Hebräisch heißt es “Tfu, tfu” und wird nur zweimal gesagt. Wohl weil es aus dem Russischen entlehnt wurden.
Eine dieser Glücksbekundungen sollte es also sein und wird ergänzt um die Nachahmung des Spucklautes. In unserer Theaterwelt bewirkt das dreimaliges Ausspucken des zauberkräftigen Speichels immer schon das Abwenden allen Bösen, von Zauberern und Hexen und bringt universelles Glück. Theater-Speichel, dem wie jedem anderen Körpersaft auch eine besondere magische Wirkung zugeschrieben wird, hat eine dämonenverbannende Kraft.
Da Spucken heutzutage (auch virologisch) aber eher unappetitlich ist, behilft man sich mit der phonetischen Andeutung. Aber bitte über die linke Schulter.
Die zulässige Antwort in Italien auf „in bocca al lupo!” (also „Im Maul des Wolfes”) wäre “Crepi il lupo!” (bedeutet „möge der Wolf sterben“).
- Folgendes Fundstück findet sich im Internet zur Glücksbekundung in Australien:
Dort wurde auch der Begriff “Chookas” verwendet. Nach einer mündlichen Überlieferung wurden von der Geschäftsführung die Zuschauerzahlen überprüft. Wenn nur wenige Sitze verkauft waren, hätten die Darsteller nach der Aufführung lediglich trocken Brot zu essen bekommen. (In Australien muss der Arbeitgeber für eine Mahlzeit pro Arbeitstag sorgen). Wenn das Theater voll wäre, könnten sie “Chook” - australischer Slang für Hühnchen - zum Abendessen haben. Der Darsteller würde „Chook it is!” rufen, was mit “Chookas!” abgekürzt wurde. Heutzutage wird von Darstellern vor einer Show dieser Wunsch nun immer ausgesprochen, unabhängig von der Anzahl der Besucher.
- Was tun, wenn jemand versehentlich nun doch „Glück“ wünscht oder „Danke“ sagt.
Großes Problem, jetzt hilft nur noch Folgendes:
- Sofort das Theater verlassen und drei mal um das Theater herum laufen. Oder…
- Dreimal um die eigene Achse drehen und dabei ein Lied singen. Oder ….
- Von Außen dreimal an die größte Theatertür klopfen und in aller Höflichkeit um Einlass bitten. Oder …
- Sie rezitieren umgehend den Schlussmonolog des koboldartigen Narren Puck aus dem Sommernachtstraum („Wenn wir Schatten euch beleidigt…. usw“ - es sind 18 Zeilen)
Break a leg !
Diese wohlwollende Glücksbekundung geht entweder zurück in die Elisabethanische Zeit oder möglicherweise sogar in das antike griechische Theater. Damals schlug das Publikum, anstelle von Applaus, seine Stühle auf den Boden. Die waren nämlich noch nicht fest am Boden verschraubt und schon gar nicht in Reihen fixiert. Wenn es dem begeisterten Publikum richtig gut gefiel und die Sitzmöbel stärker auf den Boden schlug, brach schon mal ein Stuhlbein ab. Je mehr kaputte Stuhlbeine, desto größer die Begeisterung. Die Darsteller wünschten sich also gegenseitig “Sie brechen ein Bein“.
Professionelle Tänzer, nicht nur die Franzosen’innen wünschen sich nicht viel Glück, indem sie „Break a leg“ sagen. Sie sagen “Merde!”, das französische Wort für “Scheiße“, wie bereits oben erwähnt.
Auf Spanisch ist es übrigens der Ausdruck “mucha mierda” oder “viel Scheiße”.
Auf Portugiesisch ist es “muita merda”, was das gleiche bedeutet.
Vermutlich geht dieser Begriff aber auch zurück auf die Zeiten, in denen das Publikum mit Kutschen zum Theater fuhr. Ein prüfender Blick auf die Straße vor dem Theater offenbarte, ob die Vorstellung (finanziell) erfolgreich sein würde. Viele Pferdeäpfel bedeuten, dass viele Kutschen angehalten hatten und somit viele Zuschauer im Saal sein würden. Das könnte man ja auch mit einem Blick durch den Vorhang erfahren, aber Vorsicht; das bringt Unglück und ist streng verboten.
Aber es gibt noch eine weitere Variante zum Begriff „break a leg“:
Bereits in den 1920er Jahren soll man diesen Ausspruch wie folgt verwendet haben;
Links und rechts neben der Bühne hängen die so genannten Gassenschals. Im Englischen nennt man diese Vorhänge „Leg“. Dahinter war man für das Publikum nicht zu sehen. Diese imaginäre Linie nannte man die „leg line“ (oder „Beinlinie“). Nun warteten üblicherweise hinter dieser Linie, wir sagen “im Of“f, eine ganze Handvoll Ersatzschauspieler, also die Zweitbesetzungen. Wenn einer dieser unbezahlten Ersatzschauspieler nun diese „Beinlinie“ überschreiten (oder „durchbrechen“) durfte, beispielsweise weil die Erstbesetzung sich ein Bein gebrochen hat, dann wurde er auch bezahlt. Der Ausspruch „break a leg“ ist also Hoffnungs- und Glücksbekundung gleichermaßen.
Lampenfieber
Das kennt jeder und hat es wohl auch schon mal gespürt. Aber was bedeutet es und woher kommt es?
Früher benutzte man Gaslampen, um auf Bühnen für Licht und Beleuchtung zu sorgen. Die Wärme der Gaslampen trieb schon mal den ein oder anderen Schauspieler zu Schweißausbrüchen. Ob nun durch Angst oder Hitze verursacht vermag man oft nicht zu sagen.
Dabei stammt das Wort Lampenfieber vom französischen Begriff “fievre de rampe“ (also „Rampenfieber“) ab. Der Begriff hat sich Mitte des 19.Jahrhundert in der Theatersprache etabliert.
Wir zitieren heute aus dem internet: „Unter Lampenfieber versteht man allgemein die Anspannung, die Nervosität und den Stress vor einem öffentlichen Auftritt, vor einer Prüfung oder einer gefährlichen Aufgabe. Sie kann den Schauspieler vor dem Bühnenauftritt, den darstellenden Künstler, den Musiker, den Prüfling vor einer Prüfung, den Kandidaten vor seinem Vorstellungsgespräch, den Sportler vor einer gefahrenträchtigen Aufgabe oder den Soldaten vor dem Einsatz betreffen“.
Dazu kommt aber auch noch die Angst vor Kameras oder Mikrofonen. Immer geht es darum, dass man einer hohen sozialen Aufmerksamkeit ausgesetzt ist. Eine enorm hohe Leistungserwartung ist eng damit verknüpft. Das Publikum ist dabei gnadenlos. Allerdings wird dieses Publikum oft nicht wahrgenommen, weil der jeweils Darstellende vor allem vom Scheinwerferlicht geblendet wird.
Die Wissenschaft beschreibt Lampenfieber als eine sogenannte State-Angst. Sie ist also kein allgemeiner Charakterzug, sondern vielmehr eine vorübergehende und zeitlich begrenzte Angst. Sie tritt nur bei herausfordernd bewerteten und bestimmten Situationen auf. Lampenfieber so etwas wie Erwartungsstress der den Adrenalinspiegel steigen lässt und folglich einen gewissen Wachheitsgrad fördert.
Dekorationen und Requisiten
Hier gibt es ein paar Aspekte die wirklich lustig sind.
Bleiben wir erst mal beim oben erwähnten Teufel. Das Auge des Teufels findet sich, ganz klar, im Auge der Pfauenfeder wieder. Diese sehr gefährlichen „evil eyes“ gehören somit definitiv nicht auf die Bühne, außerdem keine Dekorationen die ein augenförmiges Muster haben.
Blumen dürfen vorkommen. Bitte aber nur künstliche Blumen auf der Bühne. Was Heute Aberglaube ist, war aber wahrscheinlich früher einfach nur etwas Armut. Da Theatergruppen üblicherweise immer etwas klamm bei Kasse waren, reichte es oft nicht zu frischen Blumen. Eine praktische Überlegung wäre jedoch das Problem mit dem Wasser bei umfallenden Vasen. Zudem welken diese Blumen in warmen Scheinwerferlicht schneller als der Vorhang fällt.
Erlaubt hingegen sind frische Blumen NACH der gelungenen Premiere. AUF KEINEN FALL werden Blumen vor der Premiere übergeben und werden vorher auch nicht in die Garderobe gebracht. Es ist eine schöne Tradition, das der Regisseur frische Blumen an die Darsteller überreicht. Optimalerweise auf der Bühne. Das zu unterlassen ist ein sicheres Mittel um das Glück für alle kommenden Vorstellungen zu vertreiben. Es gilt als „Omen des Versagens“. Früher war es daher leider (wegen klammer Kassen!) üblich, das diese frische Blumen schon mal vom Friedhof geklaut wurden.
Es ist übrigens ausdrücklich erlaubt, eine frische Blume am Revers oder in der Frisur zu tragen. Gerne darf es eine Chrysantheme sein, sofern diese nicht GELB ist !
Echte Spiegel aus Glas sollten Sie vermeiden. Früher wurden daher Spiegel nur mit matter silberner Farbe gemalt. Heute verwenden Sie sicherlich richtige Spiegel aus Acryl oder Folie. Und schon lauert die nächste massive Gefahr. Wenn Sie beim Blick in den Spiegel, zwischen diesem und sich selbst eine weitere Person haben und dieser außerdem noch über den Spiegel direkt in die Augen sehen können wird’s gefährlich. Diese betreffende Person (zwischen Ihnen und dem Spiegel) ist direkt ins Unglück gefallen. Eine Parallele zu der Person die unter der Leiter herläuft während Sie oben drauf stehen ist offensichtlich. Vermutlich schützt jedoch eine moderne Sonnenbrille.
Einfache Kerzen haben es ebenfalls in sich. Generell sollte man ja offenes Feuer wegen der Brandgefahr vermeiden. Sollte das szenisch bedingt notwendig sein, ist das jedoch zulässig. Jetzt kommt eine Problem, was ähnlich der berühmten Abseitsfalle beim Fußball ist. Die Person, die der kürzesten angezündeten Kerze am nächsten steht, sitzt oder verweilt, wird sicher als nächstes sterben … oder heiraten. Welches davon ein Unglück ist, mag unklar sein.
Baby-Puppen aus dem Requisiten-Fundus werden dem lebenden Babys auf der Bühne unbedingt den Vorzug gegeben. Im Gegensatz zum lebendigen schreienden Baby sollte das Puppen-Baby jedoch unbedingt mit den Gesicht nach unten gelagert oder transportiert werden. Der Grund ist offensichtlich. In künstlichen Baby-Puppen ruhen meist böse Poltergeister, die überhaupt nur über die Augen entweichen können. Wenn diese nach unten schauen, sind sie in Sicherheit vor diesen bösen Kreaturen.
Essbare Requisiten sind ebenfalls zulässig und dürfen szenisch bedingt auch gegessen oder getrunken werden. Aber nicht vor oder nach einer Vorstellung und auch nicht hinter oder neben der Bühne. Es ist überliefert, das derjenige, wer heimlich diese Requisiten nascht nur noch Geschlechtsverkehr mit Statisten hat. Eine Weisheit aus ganz alten Zeiten.
Glatte Stricknadeln sollten aus vernünftigen Überlegungen heraus nicht auf der Bühne verwendet werden. Diese können herunter fallen und über kleine Lücken im Bühnenboden in die Untermaschinerie fallen. Selbst wenn sie unauffällig auf dem Bühnenboden landen, besteht die Gefahr des Ausrutschens. Im Übrigen sind Stricknadeln natürlich die Werkzeuge der Schicksalsgöttin um ein mystische Netz zu stricken in dem sich möglicherweise die Ganze Produktion nebst Ensemble verfangen und verheddern kann.
Theatergeister
Geister im Theater gibt es einige, sie variieren regional und haben oftmals mit der örtlichen Geschichte zu tun. Gemein ist den Theatergeistern jedoch allen, das Sie bei Dunkelheit nichts sehen können. Außerdem speilen sie alle selbst gerne Theater, scheuen jedoch das Publikum.
Die einzige Chance der lästigen Theatergeister, ihrer Schauspiellust zu folgen ist also nach der Vorstellung wenn alle Menschen das Theater verlassen haben.
Bitte lassen Sie daher unbedingt irgendwo im Saal ein Licht an. Was wir ein „Geisterlicht“ nennen heißt im Englischen „ghost light“. Es sollte die Bühne und den Zuschauerraum minimal aber ausreichend beleuchten. Schließlich brauchen die Geister auch Probezeit. Dafür reicht nicht einfach nur die Nacht, es muß dringend an einem Tag in der Woche das Theater geschlossen sein. Vorzugsweise sollte der Montag also ein proben- und spielfreier Tag sein. Das hat natürlich nichts mit Gewerkschaften oder der Erholung der Schauspieler zu tun.
William Shakespear’s „That Scottish Play“
Gemeint ist ein Theaterstück, welches im Jahr 1606 in Großbritannien entstand und wohl das Drama mit dem schlimmsten aller jemals da gewesenen Theaterflüchen überhaupt ist. Mr Shakespear’s Drama MACBETH hat es in sich. Hier sei jetzt schnell und vorneweg erwähnt, das dies die einzige Stelle bleibt, wo wir den Namen „des schottischen Stücks“ erwähnen. Nichts beschwört so viel Unheil in einem Theater herauf wie eben genau die Erwähnung dieses Stücks mit dem Originaltitel. Die Aufführung des Stücks stellt die Manifestation des Unglücks schlechthin dar.
Zunächst jedoch kurz zum Inhalt:
Das Drama handelt von dem jungen aufstrebenden General „M“ der gleich im ersten Akt auf drei („3 !!“) Hexen trifft. Diese weissagen ihm das er demnächst König aller Schotten sein wird. Also tut er alles um genau dieser Weissagung gerecht zu werden, das vor allem auf sehr brutale Art. Nach kurzer Zeit trägt er den Ruf des Unheils, die Aura von Tod und Verfall vor sich her. Lady Macbeth ist die intrigante Komplizin.
Der berühmte Shakespeare-Übersetzer „Schlegel“ behauptet zudem, das „M“ nun den „Schauer vor dem Unbekannten, jene Ahndung einer nächtlichen Seite der Natur und Geisterwelt” hervor rief.
König James 1, zu dessen Lebzeiten das Stück zuerst auf den Theaterplänen erschienen wäre, empfand dieses Theaterstück inklusive der Mystik, dem Aberglaube und der allseits präsenten Gewalttätigkeit nicht chic und verbot die Aufführung für zunächst 5 Jahre. Erst 1611 wurde eine Premiere belegt. Und dann wurde es wirklich schlimm und eben auch dramatisch.
Hier listen wir also mal die belegten Fakten auf:
- Bei der Uraufführung stirbt der Knabe, der damals die Lady Macbeth spielte. (Im 16.Jh. wurden junge Frauen öfters mal von Knaben vor dem Stimmbruch gespielt). Williams Shakespeare spielte diese Role also selbst !
- Bei einer späteren Aufführung in Amsterdam wurde ein Messer der Requisiten mit einem echten Messer vertauscht und verursachte eine schockierend echte Sterbeszene.
- Die Schauspielerin Diana Wynyard schlafwandelte in einer Szene als Lady Macbeth und stürzte über die Bühnekante in einen 4,5 m tiefen Orchestergraben.
- In Amerika, in New York löste „the scottish play“ am 10. Mai 1849 krawallartige Unruhen aus, die als der Astor Place Riot in die Geschichte eingingen und etwa 25 Tote forderte. Die Ursache war der Wettbewerb zweier berühmter Schauspieler. Im Hintergrund standen aber auch soziale Spannungen und anti-britische Ressentiments in New York. Der US-Amerikaner Edwin Forrest erfreute sich nämlich unter Arbeitern großer Popularität, während der Brite William Charles Macready von den wohlhabenden Schichten und der literarischen Elite geschätzt wurde. Ein aufgebrachts Volk protestierte gegen den britischen Kollegen vor dem Astor Place Opera House und demolierte solange das Theater, bis die Nationalgarde einschrit.
- Am „Old Vic Theater“ in London wurde der Macbeth-Darsteller Laurence Olivier beinahe von einem herabfallenden Bühnengewicht erschlagen und gleichzeitig verschied die Theaterleiterin Lilian Baylis einen Tag vor der Premiere.
- Noch schlimmer erging es der Inszenierung von John Gielgud, bei der drei Schauspieler ums Leben kamen und der Kostümbildner nach der Premiere Selbstmord beging Nur wenig später erlitt Schauspieler Harold Norman in Manchester eine tödliche Stichwunde auf der Bühne, laut Eigenaussage gab er nichts auf den Aberglauben. Glimpflicher kam sein Kollege Regisseur und Zweifler Peter Hall davon, er bekam lediglich eine Gürtelrose und musste die Premiere verschieben.
Nachvollziehbar, es gibt Ihn; den Fluch von „Macb…..“.
Wenn nun eine Inszenierung des „scottish play“ auf dem Spielplan stand, war Vorsicht geboten. Auch heute noch. Können Sie das nachvollziehen?
Die zahlreichen Action- und Kampfszenen erforderten von Schauspielern eine ordentliche Fechtausbildung. Es war also praktisch, in Ermangelung dieser Ausbildung, schon mal gefährlich. Noch schlimmer war es zudem, direkt aus der berühmten Hexenszene zu zitieren. Unter Fachleuten gilt: Sprechen Sie niemals den Text der Hexen in einem Theater und lesen Sie ihn unter keinen Umständen laut. Die Essenz des Unglücks fließt direkt aus dieser Szene !
In den folgende Worten sollen angeblich Shakespeares Hexenfiguren wahrhafte Beschwörungsformeln vorkommen. Vermutlich verfluchten Englands Hexen “herselve” das Stück aus Rache über ihre geklauten Zaubersprüche. Quasi ein frühes Copyright-Vergehe des 16.Jahrhunderts.
(Leise!) vierter Auftritt im ersten Akt
Die Schicksalsschwestern, Hand in Hand,
Schwärmen über See und Land,
Drehen so im Kreise sich,
Dreimal für dich
Und dreimal für mich,
Noch dreimal, daß es Neune macht,
Halt! Der Zauber ist vollbracht!
War William Shakespeare also mit übernatürlichen Mächten im Bunde? Wohl kaum.
Das Stück war und ist ein Kassenschlager! Bei Ihnen etwa nicht?
So war das zumindest früher schon. Shakespeares Schottenkönig war jedenfalls immer schon ein Garant für hohe Einnahmen um das jeweilige Theater aus der drohenden Insolvenz zu retten. Das “shottish play” auf dem Spielplan bedeutete demnach nicht nur erhöhte Unfallgefahr für alle Beteiligten, sondern war auch lange ein potentielles Anzeichen für drohende Arbeitslosigkeit. Ein Grund mehr, seinen Namen zu fürchten.
Die Wahrheit könnte aber auch sein, dass wirtschaftlich angeschlagene Theater damals schon mal gerne dieses publikumswirksame Stück (heute nennen wir das BLOCKBUSTER) auf den Spielplan setzten um ihre Spielzeit finanziell zu retten. Anderseits offenbarte die Erscheinung auf dem Spielplan das es dem jeweiligen Theater offensichtlich schlecht erging. Ein Fluch also !
Übrigens; das einzig wirksame Mittel gegen das Aussprechen des Titels „Macbeth“ ist übrigens (… und das macht der Autor dieses Beitrags zur Sicherheit jetzt!) vor die Tür zu gehen, sich dreimal um die eigene Achse zu drehen und dabei deutlich laut zu fluchen. Die besten und übelsten Flüche die wir aktuell kennen. Bitte entschuldigen sie mich grad mal ….. !
Deshalb; call it „the scottish play“ !
Die besondere Zahl 3
Ein Zauberspruch wirkt besonders gut, wenn er drei mal gesprochen wird oder in einer Variante die Zahl 3 vorkommt. „Drei mal schwarzer Kater…“. In mancher Religion bekreuzigt man sich übrigens genau drei mal. Alles was man drei mal macht ist eben gut!
Im Gegensatz zur Dreizehn (13) ist die Zahl 3 eine verbürgte Glückszahl. Denken Sie nur an die heilige Dreifaltigkeit; „Vater, Sohn und der heilige Geist“ oder die heiligen drei Könige.
Physikalisch betrachtet: Dinge haben einen (1) Anfang, eine (2) Mitte und ein (3) Ende. Erfolgreiche Inszenierungen haben 3 Akte. Drei ist also die „Vollkommene Zahl“ und das gilt auch im Theater. Es gibt eine 1.Hauptprobe, eine 2.Hauptprobe und eine Generalprobe. NIEMALS wird es jemals eine 2.Generalprobe geben!
Wer jemandem Glück wünscht, im Theater bitte TOI TOI TOI, klopft im besten Fall drei mal auf Holz. Laut auf Holz klopfen, besser sogar auf ein Kruzifix, hilft gegen bösen Zauber. Es ist sicher, das dieses spezielle Geräusch genau diese bösen Geister verscheucht, die eben den Zufluss von Glück behindern. Wir wissen, das böse Geister vor allem in der dunklen Jahreszeit große Macht haben. Das laut klopfende Geräusch auf Holz ist quasi vergleichbar mit lautem Feuerwerk, was ja die bösen Geister zu Sylvester vertreibt. Sprechen Sie also auf einer Theaterbühne besser nicht (und schon gar nicht laut) über Ihr persönliches Glück und den Erfolg. Neidvoll würde es bösartige Dämonen anziehen, soviel Holz können Sie gar nicht klopfen. Aber wenn dann bitte drei mal!
Die Generalprobe
Es wird ernst; der Tag der Generalprobe naht. Alles sitzt, jeder ist auf Position, erster Durchlauf (3.Hauptprobe) unter realen Bedingungen. Es darf nicht mehr unterbrochen werden. Manchmal sogar schon mit ausgewähltem Publikum. Jetzt gilt es jedoch einige sehr grundlegende Dinge zu beachten:
- Eine perfekte Generalprobe ohne Pannen ist ein schlechtes Omen. Eine fehlerlose Generalprobe ist ein Garant für ein Versagen bei der Premiere.
- Eine Generalprobe ohne Makel läßt die Regie gerne Schlimmes ahnen; was könnte aus dieser Selbstsicherheit heraus womöglich Fatales am nächsten Abend alles passiere?
- Sollten Sie bei einer Generalprobe doch mal als Zuschauer zugelassen sein, bitte klatschen Sie auf keinen Fall am Ende. Das befeuert das Unglück für die kommende Premiere. Womöglich muß diese dann genau deshalb abgesagt werden.
- Sind Sie der Darsteller der auf einer Generalprobe den letzten Satz spricht, verkneifen Sie sich bitte die letzten Worte! Ein gutes Stück ist erst zur Premiere fertig! Erst dann dürfen Sie mit der letzten Zeile das Stück vollenden. Alles andere wäre vermessen und schadet dem Gelingen und den Erfolg der gesamten Inszenierung.
Übrigens:
Der Regisseur schaut sich niemals seine eigene Premiere an, auch nicht von der Seitenbühne aus. In der Regel wartet er im Foyer und achtet auf den Applaus.
Pfeifen auf der Bühne
Das ist „die Kardinalssünde“ schlechthin, schlimmer geht es fast gar nicht mehr! Jeder weiß das und viele halten sich daran.
Aber warum und woher kommt das?
Zwei logische Erklärungen hält die „Theaterwissenschaft“ bereit.
1) Wie bereits oben erwähnt waren die Theatertechniker früher ehemals Seeleute und Hafenarbeiter, die es gewohnt waren sich durch Pfiffe zu verständigen. Sie arbeiteten bevorzugt in hohen Gallerien und Schnürböden. Unterschiedliche Pfiffe waren also ein Signal um Bühnenbilder aus dem Schnürboden herabzulassen. Ein „unechter Pfiff“ kann also schon mal zu einem unerwarteten Kulissenwechsel führen und so zum großen Durcheinander führen.
2) Früher, als es noch keinen elektrischen Strom und nur Kerzen gab, wurde die erste Bühnenbeleuchtung mit Gaslampen vorne an der Bühnenrampe (Vorderkante) betrieben. Wenn die Flamme durch einen Luftzug ausging, pfiff das ausströmende Gas über ein Bimetall und es war als Alarmsignal zu verstehen. Jetzt galt sofort das Gas abdrehen oder am besten gleich das Theater verlassen.
Noch ein kurzer Hinweis zur hier erwähnten Bühnenkante wo die einzigen Gaslampen leuchteten die sich ein Theater leisten konnte. Wer als Schauspieler unbedingt gesehen werden wollte und sich gerne in „den Vordergrund spielte“ der hielt sich gerne vorne an der halbwegs hellen Bühnenrampe auf. Da entstand dann wohl der Begriff „Rampensau“ !
Beifall vs Applaus
Das war sie, eine gelungen Vorstellung und es war ein Erfolg!
Spenden Sie Beifall oder Applaus?
Applaus ist meistens die richtige Antwort obwohl Beifall nicht falsch ist.
Applaus erhält der Darsteller, ein Künstler von seinem Publikum direkt für seine erfolgreiche Leistung. Applaus sollte laut, heftig oder doch nur höflich verhalten gegeben werden. Es ist ein nonverbales Zeichen des Dankes.
Beifall hingegen kann in Worten oder anerkennenden wohlwollenden Gesten, manchmal sogar geräuschlos daher kommen. Beifall ist nicht immer echt, mitunter sogar nur opportunistisches Anschmeicheln.
Beifall kann es auch für eine „nicht künstlerische Leistung“ geben. Beifall mag ernst gemeint oder gesagt sein oder einfach nur Diplomatie. Beifall ist eine verbale Zustaimmung.
Applaus hingegen kann man organisieren, bestellen oder sogar kaufen. Applaus hat mitunter die Dynamik eines Rudelverhaltens und kann sich ekstatisch ins Unermessliche steigern.
Zitat: “Applaus schinden” ist eine beliebte Art, nicht vorgesehene Gags anzubringen, durch das Heraustreten aus der Rolle die Gunst des Publikums erheischen. Diese Form hat sich bis heute erhalten und ist nicht nur im komischen Fach zu beobachten…
Und übrigens: Theaterklatsch hat nichts mit Applaus zu tun!
Zum Schluß einige wichtige Theatergesetze aus dem Knigge:
- Nicht auf der Bühne essen und trinken, es sei denn es ist Teil der Inszenierung.
- Private Gepäckstücke dürfen nicht quer über die Bühne getragen werden. (Koffer Taschen Rucksäcke etc.
- Private Kleidung (bezieht sich auf Jacken und Mäntel) dürfen nicht auf der Bühne getragen werden. Über dem Arm gehängt ist allerdings zulässig.
- Die Bühne als Abkürzung für einen Weg durch das Theater ist verpönt. Am schlimmsten nach Feierabend auf dem Weg von der Garderobe zum Ausgang. (Beachte die Probezeiten der Theatergeister)
- Probe niemals an einem Sonntag.
- Wer auf einer Bühne stolpert, sollte den Weg noch einmal zurück gehen und einen erneuten Anlauf üben.
- Benutze niemals neues Make-up-am Premierenabend und lass immer einen Rest in alten Make-up Tiegeln.
- Der Autor eines Stücks sollte niemals sein eigenes Theaterstück selbst inszenieren.
- Wirf ein Stück Kohle bei Theateröffnungen von der Bühne.
- Sprich das letzte Wort eines Stückes erst bei seiner Premiere.
Der Aberglauben schlimmster ist, den seinen für den erträglichern zu halten
von Gotthold Ephraim Lessing
(1729 - 1781), deutscher Schriftsteller, Kritiker und Philosoph der Aufklärung
Quelle: Lessing, Nathan der Weise, 1779; uraufgeführt 1783. 4. Akt, 4. Auftritt, Tempelherr